Kopfbäume früher und heute
Was sind Kopfbäume?
- sind keine eigene Baumart, sondern eine Nutzungsform
- die Äste und Zweige werden regelmäßig zurückgeschnitten, geschneitelt, daher die charakteristische Kopfform
- am häufigsten werden Weiden geschneitelt, aber auch Pappeln, Hainbuchen, Eschen, Ulmen
- Kopfweiden gehören fast immer zu den Arten Silber- (Salix alba) oder Bruchweide (Salix fragilis) oder sie sind eine Kreuzung der beiden
Frühere Nutzung
- Brennholzlieferant, da sehr schnell nachwachsend
- die jungen Weidenruten der Korbweide (Salix viminalis) zum Flechten von Körben und vielen anderen Gebrauchsgegenständen
- mit Weidenruten wurden die Gefache der Fachwerkhäuser ausgefüllt
- die getrockneten Weidenblätter dienten den Bauern als Futter für das Vieh
- Äste von Weiden, aber auch von Eschen, als Werkzeugstiele für Schaufeln und Harken
- Mulmholz (aus dem Inneren der hohler Kopfweiden) wurde für das Räuchern von Fleisch u. Wurst benutzt
- Flechtzäune
- Weidenrinde war ein bevorzugter Gerbstoff
- Weidenblätter,- wurzeln und – rinde wurden zum Färben benutzt
Aufgrund ihres kuriosen Aussehens erlangten die Kopfbäume auch Beachtung in der Kultur/Mythologie:
- in Märchen und Sagen als Wohnort von Elfen und Wassergeistern
- auf Gemälden von berühmten Malern wie Bosch, Breughel und van Gogh
- sogar der bekannte Erlkönig ist eine Kopfweide
- im Volksglauben galt die Weide als Hexenbaum, in alten Mythologien war sie Symbol der Fruchtbarkeit und Wiedergeburt der Natur
Bedeutung heute:
- kaum noch eine wirtschaftliche Bedeutung
- Schattenspender für das Weidevieh
- als Wegbegrenzung
- Nutzung als Heilpflanze, die Baumrinde enthält Salicin, z.B. Weidenrindentee
- am wichtigsten ist aber die Bedeutung für das Landschaftsbild
- und ihr ökologischer Wert: sie sind Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen
Ökologischer Wert und Nutzen:
- Kopfbäume stellen einen bedeutenden Lebensraum für Tiere und Pflanzen dar
- der wichtigste Grund ist ihr hoher Totholzanteil (und die Kombination aus morschen und lebendem Holz)
- je älter, dicker und mulmreicher die Stämme sind, desto wertvoller sind sie
- viele Tiere sind auf Totholz angewiesen, das in der heutigen kultivierten Landschaft kaum noch zu finden ist
- verschiedenen Tierarten leben in Kopfweiden und / oder nutzen diese als Nahrungsquelle
- Insekten
- Schnecken
- Steinkauz und andere Vögel
- Steinmarder
- Fledermäuse
Weiden gehören zu den insektenreichsten Pflanzen überhaupt
- Über 200 Insektenarten, darunter viele Spezialisten, die in Bezug auf Ernährung, Fortpflanzung und Lebensweise von der Weide abhängig sind, leben in, auf oder von ihr
- am häufigsten sind dabei die Käfer mit ca. 1000 Arten (z.B. Moschusbock und Weberbock sind typische Kopfbaumbewohner)
- doch auch Fliegen, Tausendfüßler, Asseln und Falter (z.B. der Weidenbohrer) etc.
- für die Honigbiene im Frühjahr eine wichtige Nahrungsquelle und ein Zuhause
- Hornissen nutzen die Weiden auch als Wohnstätte und das Holz als Baumaterial
- der bekannteste Kopfweidenbewohner ist der Steinkauz, in den ausgefaulten Kopfweiden findet er geeignete Brut
- aber auch andere Vögel, die in Höhlen brüten: Grauschnäpper, Bachstelze, Feldsperling, verschiedene Meisen, Garten-und Hausrotschwanz, Hohltaube
- manchmal nisten auch Stockenten in Kopfweiden
- auch verschiedene Säugetiere nutzen die Höhlungen z.B. der Steinmarder
- die Fledermäuse nehmen ebenfalls die Versteckmöglichkeiten in Anspruch, gleichzeitig finden sie hier auch Nahrung
- aber auch einige Pflanzen siedeln sich an: Flechte, Moose und „Aufsitzer“ (Epiphyten) wie Holunder, Weidenröschen, Bittersüßer Nachtschatten, Taubnessel, Brombeere und Stachelbeere.
Dieser wertvolle Lebensraum ist jedoch bedroht! Es werden kaum neue Kopfbäume gepflanzt. Auch bei den vorhandenen entfällt z.T. das Zurückschneiden, was zur Folge hat, dass die Äste immer größer und stärker werden und die Bäume schließlich auseinanderbrechen.